Mehr als 300 Millionen Menschen weltweit sind von Neurodermitis und Schuppenflechte betroffen. Dabei ist Neurodermitis nicht gleich Neurodermitis und auch Schuppenflechte nicht gleich Schuppenflechte. Im Gegenteil: Zwischen Patienten und über die Zeit unterscheiden sich die Ausprägungen dieser Krankheitsbilder zum Teil massiv, z.B. in Bezug auf Ausbruch, Schweregrad, Fortschreiten und Ansprechen auf Behandlungen. Die Erkrankungen sind eine große Belastung für Betroffene und Angehörige und stellen das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Trotz enormer Fortschritte in der Erforschung ihrer Ursachen gibt es noch immer erhebliche Wissenslücken.
Um das zu ändern, haben sich renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Bereich Klinik und Grundlagenforschung im EU-geförderten Projekt BIOMAP (Biomarkers in Atopic Dermatitis and Psoriasis) zusammengeschlossen. An der öffentlich-privaten Partnerschaft sind neben 26 Partnerinstitutionen aus dem akademischen Bereich auch fünf forschende Unternehmen der pharmazeutischen Industrie und fünf Patientenorganisationen beteiligt. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) zählen die Medizinische Fakultät, das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und der Exzellenzcluster "Precision Medicine in Chronic Inflammation" (PMI) dazu. Die europäische "Innovative Medicine Initiative" (IMI) sowie die teilnehmenden Pharmaunternehmen stellen für das fünfjährige Projekt insgesamt 20,8 Millionen Euro zur Verfügung.
Mithilfe einer beispiellosen Untersuchung von klinischen und molekularen Daten von mehr als 50.000 Patientinnen und Patienten sowie gesunden Personen wollen die BIOMAP-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein neues Modell zur Klassifikation von Neurodermitis und Schuppenflechte entwickeln, um jeden Patienten optimal und individualisiert behandeln zu können. Ein Ansatz der Präzisionsmedizin, den auch der Exzellenzcluster PMI über das gesamte Spektrum der chronischen Entzündungserkrankungen verfolgt.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Projekts gehen davon aus, dass sich die verschiedenen Ausprägungen der Krankheiten in Unterschieden auf molekularer Ebene widerspiegeln. Daher wollen sie Patientenuntergruppen identifizieren, die sich hinsichtlich der Krankheitsmechanismen, der Ausprägung der Krankheit und dem Ansprechen auf Therapien ähneln. Mit Hilfe von Markern in Blut und Haut sollen solche Patientengruppen identifizierbar werden, um die optimale Therapie auswählen und neue Therapieansätze entwickeln zu können.
"Ich hoffe, dass im Zuge des Projekts Neurodermitis und Schuppenflechte als eine Reihe von verschiedenen Erkrankungsuntertypen anerkannt werden, jede mit einer eigenen charakteristischen molekularen Signatur und nicht als bloß zwei Krankheiten", sagt der Koordinator von BIOMAP Professor Stephan Weidinger, Mitglied im Exzellenzcluster PMI und Leiter der Arbeitsgruppe molekulare Entzündungsdermatologie an der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des UKSH, Campus Kiel. „Das Projekt wird das hohe Niveau von Forschung und Patientenversorgung am Standort Kiel weiter stärken“.
Durch die Integration von Patientenorganisationen werden auch die Meinungen, Nöte und Wünsche von Menschen mit Schuppenflechte oder Neurodermitis in das Projekt einfließen. "Die Einbindung der Betroffenen und ihrer Interessenvertretung setzt die Bedürfnisse von Erkrankten von Anfang an in das Zentrum des Projekts. Durch den Austausch von Wissen und Daten über entzündliche Hauterkrankungen ermöglicht BIOMAP eine Zusammenarbeit, wie es sie vorher noch nie gab", sagt Helen McAteer, Mitglied der BIOMAP Patientenberatungsgruppe und Vertreterin einer Patientenselbsthilfeorganisation.
BIOMAP wird finanziert vom gemeinsamen Unternehmen "Initiative innovative Arzneimittel" (Innovative Medicines Initiative 2 Joint Undertaking IMI2 JU) und unter Beteiligung der teilnehmenden Pharmaunternehmen. Das Konsortium wird unterstützt vom EU-Förderprogramm Horizon 2020 und von der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations EFPIA, einem europäischen Dachverband der nationalen Verbände forschender Pharmaunternehmen. Das Projekt hat jetzt offiziell seine Aktivitäten mit einem ersten Treffen in London gestartet.
MEDICA.de; Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel